22.08.1998/ stw/ Am 22. August 1998 habe ich mich bei Windstärke 8 auf die Insel gequält. Eine Insel mitten in der Nordsee - ohne Inselbahn - daß war nicht immer so.
Bereits 1870/71 hatte Bismarck die militärische Nutzung der Insel ins Auge gefaßt und versucht diese gegen eine französische Kolonie von den Engländern einzutauschen. Erst zum 1. Juli 1890 konnte Helgoland dem Deutschen Reich vertraglich eingegliedert werden, dafür gab man afrikanisches Kolonialgebiet ab (Insel Sansibar). Am 10. August des selben Jahres erfolgte die offizielle Übergabe an das Deutsche Reich.
Die Insel wurde aufgrund ihrer Lage in der Landesverteidigungskommission besonders bedacht. Von hier sollte die deutsche Nordseeküste geschützt und die deutschen Kriegsschiffe in der Nordsee versorgt werden.
Im Oktober 1891 begann man Helgoland als Festung auszubauen, hierzu gehörten Bunkerstände mit 2,2m Beton- und zusätzlich 0,5m Erddecke. An der Nord- und Südspitze wurden je zwei 21cm Kanonenstände errichtet, deren Schußweite 13km betrug, später kamen noch Geschützstände mit 28cm Haubitzen und 3,7cm Revolverkanonen hinzu. Zudem wurden bis 1914 etwa 35ha Wasserfläche der Hafenanlage mit Mauern umgeben.
Dies alles hatte natürlich Auswirkungen auf die Inselbevölkerung, Teile der Insel (meist im Oberland) durften nicht mehr betreten werden, da sie als Militärischessperrgebiet deklariert worden waren. Der Fischfang rund um die Insel ging aufgrund der Bautätigkeiten zurück, Touristen blieben aus dem selben Grund fern.
Dem interessierten Leser sei als weitere Lektüre das Buch "Hochseefestung Helgoland 1891 - 1922" von Claude Fröhle und Hans-Jürgen Kühn empfohlen, hierin finden sich genauere Angaben zur Waffenbestückung der Insel und allem was damit zusammenhängt.
Ich möchte mich hier nun der Inselbahn zuwenden. In der bisherigen Literatur wird die Eisenbahn auf Helgoland fast immer verschwiegen, nur gelegentlich findet sich ein kleiner Hinweis. Selbst in dem Buch aus dem alba-Verlag "Die Nordsee-Inselbahnen" von Hans Wolfgang Rogl wird die Bahn nicht erwähnt, obwohl sie mit Sicherheit den größten Lokbestand aller Nordseeinselbahnen hatte.
An der Hafenanlage begann die 1000mm Bahn, hier wurden die Schiffsanleger des Außen- und Innenhafens bedient. In nördlicher Richtung führte die Strecke am Kraftwerk vorbei bis ungefähr da wo sich heute die "Hummerbuden" befinden. Hier gab es eine Drehscheibe, über die konnte der dortige Anleger erreicht werden, hier müssen sich auch Abstellgleise befunden haben. Zumindest die Gleisanlagen an der Westmole und dem Außenhafen müssen elektrifiziert gewesen sein, eine Aufnahme aus dem Jahr 1921 zeigt eine zweiachsige Elektrolok neben dem Kraftwerk.
Oben: Hinter der Lok befindet sich das bombensichere 1800 PS Kraftwerk am Fuße des Felsens.
Unten: Das Trockendock neben dem Pumpenhaus, rechts davon eine Dampflok.
Nach links führten die Gleise, von der Drehscheibe weg, über eine im Tunnel liegende (? Steil-)strecke zum Oberland. Hier wurden zwei 30,5cm Doppelgeschütztürme bedient. Hier gab es auch einen (dreiständigen?) Lokschuppen. Weiter in nordöstlicher Richtung lag der Hauptkommandeurstand. Etwas nördlich ging ein Abzweig zum Magazin, die Hauptstrecke führte weiter links an der 28cm Haubitzenbatterie vorbei zum nördlichen Teil Helgolands, wo sich weitere Geschützstellungen befanden. Die Geschützstände waren unterirdisch durch Hohlgänge verbunden, hier sollen sich zum Teil auch Gleisanlagen befunden haben, diese dienten dem Transport von Munition. Welche Spurweite diese hatten und ob unter der Erde auch Lokomotiven zum Einsatz kamen ist mir zur Zeit nicht bekannt.
Nach dem I.Weltkrieg mußten die Festungsanlagen auf Grund des Versailler Vertrages zurückgebaut werden. Daß heißt, kleinere Teile wurden mit Beton verfüllt, einige Anlagenteile gesprengt. Alles was nach Bewaffnung aussah oder militärisch brauchbar war mußte verschrottet werden. Sämtliche "Rückbaumaßnahmen" waren bis Juli 1922 abgeschlossen.
Im Dritten Reich wurde die Insel abermals zur Festung ausgebaut, auch da müssen, wie Lieferunterlagen von z.B. KHD belegen, Eisenbahnfahrzeuge eingesetzt worden sein.
Heute zeugt aus dieser Zeit lediglich ein riesiger Krater, den die Engländer nach dem II.Weltkrieg durch Sprengung der südlichen Bunkeranlagen geschaffen haben. Wo sich die Haubitzenbatterien befanden befinden sich heute mehrere Krater, daneben führt nun ein Spazierweg an der Küste entlang. Von den ehemaligen Gleisanlagen ist nichts mehr zu sehen - mit Ausnahme einiger Schienen, die sich noch auf einer Mole im Südhafen finden. .
Lieferungen bis 1918
Hersteller | FNr./Bj. | Typ | Art | Spur | Lieferung / Verbleib |
---|---|---|---|---|---|
Freudenstein | 68/1901 | Cn2t | 1000 | Sylter Südbahn /19..-> Sylter Inselbahn "8" /um 1917-> Marinebahn Helgoland | |
Deutz | 836/1911 | 30 R IV | Bbm | 1000 | Kaiserl. Werft, Wilhelmshaven für Helgoland |
SSW | 700/1911 | A'A-el | 600 | Preußisches Wasserbauamt, für Helgoland | |
SSW | 773/1912 | 2 x 20 kW | A'A-el | 1000 | Artilleriebahn Helgoland |
SSW | 774/1912 | 2 x 20 kW | A'A-el | 1000 | Artilleriebahn Helgoland |
SSW | 1013/1914 | 2 x 8 kW | A'A-el | 600 | Preußisches Wasserbauamt, für Helgoland |
O&K | 6732/1915 | Ct | 1000 | Bauabteilung Helgoland der Kaiserl. Werft, Wilhelmshaven | |
O&K | 6735/1915 | Ct | 1000 | Bauabteilung Helgoland der Kaiserl. Werft, Wilhelmshaven |
Lieferungen nach 1918
Hersteller | FNr./Bj. | Typ | Art | Spur | Lieferung / Verbleib |
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Jung | 454/1901 | Bn2t | 1000 | Kreis Rendsburger Kleinbahn "3" /1936-> Sylter Inselbahn "7" /19..-> Marienehafenamt Helgoland /1945-> Kreis Rendsburger Kleinbahn | |
Henschel | 24833/1940 | Bn2t | 1000 | Marinehafen-Bauamt Helgoland | |
Henschel | 24834/1940 | Bn2t | 1000 | Marinehafen-Bauamt Helgoland | |
Henschel | 24835/1940 | Bn2t | 1000 | Marinehafen-Bauamt Helgoland | |
Henschel | 24836/1940 | Bn2t | 1000 | Marinehafen-Bauamt Helgoland | |
KHD | 22954/1939 | A6M220 F | Bdm | 1000 | Marinehafenbauamt, Helgoland |
KHD | 23567/1939 | OME117 F | Bdm | 600 | KCD für Hinz & Köhring, Bauunt., Helgoland |
KHD | 26031/1940 | A6M220 F | Bdm | 1000 | Marinehafenbauamt, Helgoland |
KHD | 36707/1941 | OMZ122 F | Bdm | 1000 | Marinehafenbauamt, Helgoland |
KHD | 36708/1941 | OMZ122 F | Bdm | 1000 | Marinehafenbauamt, Helgoland => Wehrmacht, Wangerooge /1949-> Inselbahn Spiekeroog "2" /1969-> DEV - Deutscher Eisenbahnverein, Bruchhausen-Vilsen "V 2" (04.1994 vh) |
KHD | 36779/1941 | A3M420 F | Bdm | 1000 | Marinehafenbauamt, Helgoland /19.. Kleinbahn Leer-Aurich-Wittmund "211" -> "21" (1962 Umbau in Cd, ab 1965 iE) +1972 |
KHD | 36780/1941 | A3M420 F | Bdm | 1000 | Marinehafenbauamt, Helgoland |
20947/1937 | 2 D | Bdm | 1000 | Marine Hafenbauabt. Helgoland | |
O&K / MBA | 21069/1937 | MD 3 | Bdm | 1000 | Helgoland |
O&K / MBA | 21071/1937 | 2 D | Bdm | 1000 | Helgoland |
O&K / MBA | 21072/1937 | 2 D | Bdm | 1000 | Helgoland |
O&K / MBA | 21177/1938 | MD 3 | Bdm | 1000 | Helgoland |
O&K / MBA | 21201/1938 | MD 3 | Bdm | 1000 | Helgoland |
O&K / MBA | 21213/1938 | 2 D | Bdm | 1000 | Helgoland |
O&K / MBA | 21283/1939 | 2 D | Bdm | Helgoland | |
O&K / MBA | 21284/1939 | 2 Da | Bdm | 1000 | Hafenbauamt Helgoland |
O&K / MBA | 21517/1940 | 2 Da | Bdm | 1000 | Hafenbauamt Helgoland |
O&K / MBA | 21518/1940 | 2 Da | Bdm | 1000 | Hafenbauamt Helgoland |
O&K / MBA | 21519/1940 | 2 Da | Bdm | 1000 | Hafenbauamt Helgoland |
O&K / MBA | 21520/1940 | 2 Da | Bdm | 1000 | Hafenbauamt Helgoland |
O&K / MBA | 21521/1940 | 2 Da | Bdm | 1000 | Hafenbauamt Helgoland |
Schöma | 386/1938 | 1000 | Kurt Kleffel, Hamburg für Marine-Bauamt, Helgoland | ||
Schöma | 481/1939 | Kurt Kleffel, Hamburg für Lövenstrom, Helgoland (1944vh) | |||
Schöma | 551/1940 | Kurt Kleffel, Hamburg für Franz Drews, Helgoland | |||
Schöma | 553/1940 | Kurt Kleffel, Hamburg für Franz Drews, Helgoland |
© Reisebericht von Dietmar Stresow
© Info von Jens Merte
© Info von Wolfgang-D. Richter