Bahn-Express

Saboya - Capitán Pastene, Chile

(Wo liegt Capitán Pastene???)

04.11.2000/ HAM/ In Chile sind gleich zwei fast baugleiche Jung-C1t-Dampflokomotiven erhalten geblieben. Neben der oben beschriebenen FNr. 1306 ist auch die laut Lieferbuch am 7. August 1913 an die Chilenische Staatsbahn gelieferte FNr. 2034 erhalten geblieben. Diese Maschine soll laut den Jung-Unterlagen eine Leistung von 150 PS erbracht haben bei einem Dienstgewicht von 17 t. Eingesetzt wurde die Lok auf der Strecke Saboya - Capitán Pastene.

Die Geschichte dieser Bahn und der Lok selbst ist sehr interessant. Ursprünglich war geplant, im Süden von Chile eine Kolonie zu errichten, um hier die Anfang des 20sten Jahrhunderts zu hunderten in Chile eingewanderten Immigranten aus Europa anzusiedeln. Etwa 100 Familien aus Norditalien sollten im Gebiet von Traiguén 600 km südlich von der Hauptstadt Santiago de Chile eine neue Heimat finden. Eine private Gesellschaft erhielt die Konzession für dieses Unternehmen und 1905 wurde der Ort Capitán Pastene gegründet. Die Gesellschaft löste sich allerdings wenige Jahre später wegen undurchsichtiger Finanz- und Verwaltungslage in Luft auf...

Laut Vertrag war der Bau einer Bahnlinie von der Chilenischen Staatsbahn aus nach Capitán Pastene vereinbart. Zwar begann die Gesellschaft mit dem Bau, jedoch musste die Chilenische Regierung die erste 22 km lange Teilstrecke von Saboya nach Lumaco fertigstellen. Sie wurde 1914 eröffnet, in Saboya (ein italienischer Ortsname) war neben der Werkstatt mit Drehscheibe etc. auch die Verladestation von der Staatsbahn (1.676 mm Spurweite) auf die neue Schmalspurbahn mit 600 mm Spurweite. Das zweite 15 km lange Teilstück bis Capitán Pastene konnte 1922 fertiggestellt werden, im Vergleich zur ersten, durch flaches Gelände führende Strecke war der zweite Abschnitt durch die Topographie wesentlich aufwendiger. Zum Teil verlief die Bahn auf einem 10 m über dem Fluß Lumaco errichteten Steg durch das enge Tal.

Die Bahnlinie wurde von der staatlichen EFE betrieben, die u.a. auch die Linien Puente Alto - El Volcán, Linares - Panimávida, Pinto - Recinto und Ancún - Castro betrieb. Da zwischen diesen 600 mm-Bahnen öfters die Lokomotiven getauscht wurden, ist eine genaue Auflistung der eingesetzten Maschinen schwierig.

Die Bahn nach Capitán Pastene erzielte nie einen Gewinn, die laufenden Kosten lagen meist 10 % über den Einahmen. Dennoch wurde der Betrieb zur Versorgung der Siedler aufrecht gehalten. Erst in den 60er Jahren entschied die Chilenische Regierung, die Bahnlinie aufgrund der hohen Kosten zu schliessen. Ein Teil der Bahn sollte vom Militär in El Volcán weiterverwendet werden, aber die meisten Maschinen und Wagen waren in einem derart schlechten Zustand, so dass nur eine Verschrottung in Frage kam. Die Jung 2034, die erste hier eingesetzte Dampflok, hingegen wurde zusammen mit zwei Personenwagen nach Peņalolén (Wo liegt Peņalolén???) in der Nähe von Santiago de Chile abtransportiert.

Vor einigen Jahren gelang es einigen Privatleute aus Pastene, den Zug vom Militär zurück zu erweben, damit kehrte die Lok samt Wagen wieder zurück nach Capitán Pastene. Hier steht die Maschine auch heute noch.


Die Jung von Capitán Pastene: Als Erinnerung an die Bahn von Saboya nach Capitán Pastene
steht im ehemaligen Endpunkt die Jung FNr. 2034 als Denkmal. (Aufnahme: Harold A. Middleton)

 


© Exkursionsmeldung von Harold A. Middleton